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Schweiz - Missbräuchliche Unternehmenskonkurse: Viel Kritik am bundesrätlichen Vorentwurf

Erstellt von Detlef Heydt | |   HRP

Das Schweizer Parlament will missbräuchliche Unternehmenskonkurse erschweren.

Der auf eine Motion aus dem Ständerat zurückgehende bundesrätliche Vorentwurf zur Unterbindung von missbräuchlichen Firmenkonkursen ist in der Vernehmlassung zerpflückt worden. Das kommt nicht ganz überraschend, geht es doch um einen klassischen Zielkonflikt. Einerseits soll Unternehmern das Recht auf eine «zweite Chance» möglichst nicht eingeschränkt werden, anderseits sind die daraus resultierenden gesetzlichen Lücken für manche eine Einladung zum Missbrauch.

«Praktiken wie Flucht vor vertraglichen Verpflichtungen, Missbrauch von Insolvenzentschädigungen und Rückkauf der Überbleibsel der konkursiten Gesellschaft für einen Pappenstiel kommen bedauerlicherweise nur allzu häufig vor. Die Folgen sind in der Tat Wettbewerbsverzerrungen und Einbussen bei den öffentlichen Kassen…», hatte die ständerätliche Rechtskommission in ihrer Stellungnahme zur vor fünf Jahren eingereichten Motion des ehemaligen Obwaldner FDP-Ständerates Hans Hess geschrieben. Dieser hatte verlangt, «die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass Personen das Konkursverfahren nicht mehr dazu missbrauchen können, sich ihrer Verpflichtungen zu entledigen.» Die Rechtskommission, die ohne Gegenstimme die Überweisung der Motion empfohlen hatte, war sich mit dem Bundesrat einig, «dass es nicht einfach sein wird, eine Lösung zu finden.... Die Abhilfemassnahmen (strafrechtliche Sanktionen, Verbot von Neugründungen usw.) sind mit Bedacht anzuwenden. Die Bekämpfung des Missbrauchs ist zwar ein wichtiges Ziel, darf aber nicht absolute Priorität haben: Viele Konkurse sind weder missbräuchlich noch nur verschuldet und die betroffenen Personen müssen das Anrecht auf eine «zweite Chance» haben. Bei der Umsetzung dieser Motion ist deshalb besonders darauf zu achten, dass die verschiedenen Interessen vernünftig gegeneinander abgewogen werden.»

Der Bundesrat hatte sich gut vier Jahre Zeit genommen, um nach ausgiebigen Konsultationen und Abklärungen im Frühjahr 2015 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung zu bringen. Darin schlug er ein mehrstufiges Vorgehen vor: Die Haftung der Konkurskosten sollte dem Schuldner auferlegt, zugleich aber die Vorschusspflicht des Gläubigers beibehalten werden. Damit, so der Bundesrat, bestehe die Aussicht für den Gläubiger, aus der Konkursmasse diesen Vorschuss wieder hereinzuholen. Diese würde weiter erhöht mit der neuen Möglichkeiten, die Mitglieder der Führungsgremien mit ihrem privaten Vermögen persönlich und solidarisch für die nicht gedeckten Kosten eines Konkursverfahrens haftbar zu machen, wenn ihnen ein missbräuchliches Vorgehen nachzuweisen wäre. Weiter soll den öffentlich-rechtlichen Gläubigern, vom Steueramt bis zur SUVA, neu das Recht eingeräumt worden, ein Konkursbegehren zu stellen. Damit könnten die vom Motionär monierten Steuerausfälle, die sich nicht selten ergäben, weil die Konkursbegehren seitens privater Gläubiger, wenn überhaupt, zu spät gestellt werden, mutmasslich reduziert werden. Schliesslich sollte mit einer Verlängerung der Frist auf 20 Tage, innerhalb derer Gläubiger nach der publizierten Einstellung eines Konkursverfahrens mangels Aktiven die Durchführung des Verfahrens – bei Leistung eines Kostenvorschusses – verlangen kann. Ausdrücklich verzichten wollte der Bundesrat auf Verschärfungen im Strafrecht, während auf die Option eines «Konkursprangers» nur vorläufig verzichtet werden soll. Im Rahmen der laufenden Gesetzesrevision des Handelsregisterrechts liesse sich das Problem zumindest ansatzweise in Fällen der bewusst wiederholt angestrebten Konkurse, der «Konkursreiterei», mit entsprechenden Suchfunktionen im zentralen Personenregister lösen.

In der Vernehmlassung, an der auch der Verband Creditreform teilnahm, gab es einen Minimalkonsens: die Zielsetzung der Vorlage, missbräuchliche Konkurse zu verhindern, wurde nicht in Frage gestellt. Doch der vorgeschlagene Weg, dieses Ziel zu erreichen, war einer vielfältigen Kritik ausgesetzt. Die Richtung stimme, reiche aber wohl nicht aus, war so etwas wie ein weiterer Konsens der Skepsis. Grundsätzliche Skepsis kam aus einigen Kantonen, aus dem rechtsbürgerlichen Lagern und von einigen Verbänden. Andere warnten vor dem Systemwechsel, den eine Aufgabe der Haftungsbeschränkung einer Kapitalgesellschaft mit sich bringe. Aus einer gesamtwirtschaftlichen Sichtweise heraus seien die Vorteile der herrschenden Regimes gegenüber den seltenen Missbrauchsfällen nach wie vor gegeben. Denn die grosse Mehrheit der Konkurse sei gerade nicht missbräuchlich. Wie hoch die Zahl der missbräuchlichen Konkurse tatsächlich ist, weiss indes niemand – es gibt keine entsprechenden Erhebungen.

Kritische Stellungnahmen

In vielen Stellungnahmen wurde der Vorschlag, öffentlich-rechtlichen Institutionen den Weg ins Konkursverfahren zu ermöglichen, kritisiert. Zu befürchten seien enorme Kosten für die Konkursämter und für Gläubiger, längere Verfahrensdauern, zudem sei die Betreibung auf Pfändung für die Gläubiger in der Regel vorteilhafter. In manchen Stellungnahmen wurde es grundsätzlich:  Der Staat solle die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entfaltung schaffen und nicht Unternehmen in den Konkurs treiben. Der Vorschlag, wonach die Mitglieder des obersten Verwaltungsorgans einer konkursiten Gesellschaft künftig persönlich und solidarisch für die ungedeckten Kosten eines Konkursverfahrens haften sollen, stösst ebenfalls auf Kritik. Zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmende möchten andere Lösungsansätze vertiefter prüfen. Beispielsweise sollen vorhandene Registerdaten über Personen, die in Konkurse involviert sind, besser vernetzt und zugänglich gemacht werden. Angesichts beschränkter Möglichkeiten im Rahmen des Verfahrensrechts äusserten zudem viele Teilnehmer die Ansicht, dass als letztmöglicher Weg auch Anpassungen im Strafrecht ins Auge gefasst werden müssten.

Der Bundesrat hat dem EJPD den Auftrag erteilt, eine Botschaft auszuarbeiten. Diese wird den zahlreichen Vorschlägen, die im Rahmen der Vernehmlassung von verschiedenen Teilnehmern vorgebracht worden ist, Rechnung tragen.

Urs Fitze

Originalquelle
Schweiz. Verband Creditreform (Genossenschaft)
Teufener Strasse 36
CH - 9000 St.Gallen 
Tel: +41 71 221 11 80
Fax: +41 71 221 11 85 
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 Detlef Heydt

Fach- und  Spezialmakler für Kreditversicherung, Factoring, Einkaufsfinanzierung, Auftragsfinanzierung und Beteiligungskapital für den Mittelstand. 

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